Donnerstag, 21. Mai 2015

Ich liebe euch doch alle

.... stammelte der letzte Stasi-Chef im Herbst 1989 in der Volkskammer der DDR [1]. Vorausgegangen waren Fragen rund um die damalige Staatssicherheit (Stasi) in der DDR. Man stellte, völlig ungewohnt für unsere damaligen Repräsentanten, Fragen, die man beantwortet haben wollte. Es gab keine parlamentarischen Vorgaben mehr, nach denen Kritik an Parteieliten nicht geduldet wurde. Nach einigen konkreten Fragen, Mielke wähnte sich in seinen persönlichen Überzeugungen übel verletzt, gipfelte seine Verwirrung in diesem Ausspruch, bei dem ich damals das "Glück" hatte, diesen unvergesslichen Augenblick live im Fernsehen miterleben zu können.

Über Unrechtsstaaten
Die DDR war, wie übrigens alle sogenannten Ostblockländer, ein Unrechtsstaat in den Augen des Westens. Insbesondere deshalb, weil die Bürger, die da lebten, eingesperrt waren und durch Geheimdienste auf Schritt und Tritt und völlig anlasslos überwacht werden konnten. Das ging sogar so weit, dass private Post durch staatliche Organe gelesen wurde, unerlaubt Mikrofone in Wohnungen installiert wurden und viele Ungeheuerlichkeiten mehr.

Über Rechtsstaaten
Ich bin froh, dass wir diese unselige Geschichte hinter uns lassen konnten, um ein freies und selbstbestimmtes Leben führen zu können. Frei von Repressionen, frei von Überwachung, frei von Zwängen, die eigene Meinung nicht frei äußern zu dürfen. Wir leben heute in einem Land, das keine Überwachung mehr kennt, welches nicht anlasslos Menschen im Land zu kriminellen Elementen abstempelt, weil man vielleicht, aus Sicht der anderen, die falsche Meinung hat? Man ist frei in seinen eigenen 4 Wänden, frei im Versenden seiner Post. Frei!

Es gibt keine Überwachung!

Nein! Doch! Oh!

Wir alle stecken mittendrin in der Überwachung. Und es soll von Mal zu Mal mehr werden. Der Staat misstraut seinem eigenen Bürger!

Die Sache mit dem "Ich vertraue dir"
Wie würdest du das nennen, wenn dein Partner ungefragt und heimlich in deinen Taschen sucht, um belastendes Beweismaterial zu finden? Dein Partner sucht sucht anlasslos, er hat doch eigentlich keinen Grund zur Sorge, oder? Genau so ist es! "Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen!", sagst du uns Piraten ja ständig auf der Straße, wenn wir dich auf die Überwachung hin ansprechen.

Und wir Piraten glauben dir!

Warum dann diese Kontrolle durch deinen Partner? Was würdest du deinem Partner sagen, wenn du von dieser anlasslosen Überwachung erfahren würdest?

Wie würdest du es einschätzen, nur weil du mehr Kilometer gefahren bist als nötig, du solltest ja eigentlich nur die Kinder vom Schwimmen abholen, und dein Partner spricht dich darauf an und fragt wo du gewesen bist? Weshalb wirst du so sehr ins Private hinein kontrolliert, wirst du deinen Partner fragen.

Vertraut dir dein Partner nicht? Wir Piraten vertrauen dir, uneingeschränkt! Wir haben keinen Anlass, dir nicht zu trauen.

Der Staat vertraut dir nicht!
Genau das tut dein Staat nämlich mit dir. Er vertraut dir nicht! Warum ist das so? Was hat der Staat vor dir zu fürchten? Du gehst fleißig zur Wahl, du spendest vielleicht gewissenhaft jedes Jahr. Du unterstützt deine Kinder, wo immer dir das möglich wird. Du fährst so gut du kannst und versuchst nur im geeigneten Moment - wenn du dich unbeobachtet fühlst - das Auto mal unerlaubt zu beschleunigen ...

Ach du kennst insbesondere das letzte Gefühl? Unbeobachtet auf die Tube zu drücken? Das hat sicher jeder schon in seinem Leben gemacht. Mit Überwachungstechnik, angepriesen und eingebaut durch deine Versicherung - du darfst ja Geld sparen - kannst du es dir nicht mehr leisten, unbeobachtet mal aufs Gas zu treten!

Werden wir eines Tages auch die Frau Dr. Merkel so wie den Herrn Mielke erleben? In Zeiten von anlassloser Überwachung, vor der Einführung einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung? Auch der Herr Mielke war nur der Chef eines ganzen Überwachungsapparates. Auch er stand vor fast genau so einem Überwachungsscherbenhaufen wie Frau Merkel heute. Und im Moment ist diese Frau so still, man könnte das Gras wachsen hören.

Will sie auch nur unser Bestes? - Sie liebt uns ja alle!

Unsere Bundeskanzlerin übt derzeit schon. Zitat: "Nach bestem Wissen und Gewissen" seien ihre Handlungen. Zum Wohle des Volkes. Und sie tut all ihr Möglichstes, um für eine schnelle Aufklärung dieser unfassbaren (NSA) Überwachung zu sorgen. Seit 2 Jahren, im Übrigen, tut sie das.

Überwachungsskandal? Laut Frau Merkel nicht die Bohne. "Bitte gehen sie weiter, ich habe alles unter Kontrolle, ich kümmere mich höchstpersönlich um das Wohl jedes Einzelnen im Lande."

Dein Partner überwacht dich und du glaubst dann diese letzten Sätze "Es ginge nur um dein Wohl"? Das wiederum, das glauben wir PIRATEN dir nicht! :-)

[1] https://www.youtube.com/watch?v=1XBEqyu5Mck ( Länge: 00:01:24 )

Samstag, 16. Mai 2015

Die Piraten, die BND-Affäre, Streit und Transparenz

Nein, kein Rant über die in der Vergangenheit teils merkwürdige Öffentlichkeitsarbeit der Piraten. [1] Die Piraten stehen aktuell wohl vor ihrer historisch bedeutsamsten Chance, ihre bisweilen mysteriöse Form von öffentlich gelebter Politik am einfachen Beispiel in eine positive Richtung erklären zu können!

Es geht um die vor einigen Tagen veröffentlichten Mails zwischen Kanzleramt und US-Regierung zum Thema #NoSpy. Die Kanzlerin, nun eindeutig einer ziemlich dreisten Wahllüge überführt, tut weiter so, als ob nichts gewesen sei.

Dieser Wahlbetrug wäre niemals möglich gewesen mit den Piraten!

Piraten sind angetreten, um diese Hinterzimmerpolitik endlich in die Öffentlichkeit zu zerren. Der Transparenzgedanke stand und steht bis heute im Vordergrund. Man wollte den Bürger so direkt beteiligen und seine Meinung wissen. In Ordnung, das primäre Ziel einer Möglichkeit zur Online-Jederman-Abstimmung gibt es bis heute nicht. Die Ansprüche waren vielleicht zu hoch, alternativ zu niedrig angesetzt. Es hat sich meiner Meinung nach für den Moment als nicht tragfähig und einsatzbereit erwiesen. Leider verharren die Piraten, wegen der nicht beschlossenen Online-Abstimmungsmöglichkeit, seit 2013 in einer Art Schockstarre. Statt sich nun genüsslich auf die Bundesregierung zu stürzen und deren Versagen bis ins Detail zu zerpflücken, beschäftigt man sich lieber mit kleinen braunen/blauroten Parteien oder dieser ehemals gelb/blauen, heute pinkfarbenen.

Ehrlichkeit bedeutet Streit!

Mit Transparenz und einer freien Informationspolitik wäre dieser 2013 geführte Mailwechsel zum #NoSpy zwischen Kanzleramt und US-Regierung aber nicht möglich gewesen! Und geheim sind solche Nachfragen nun nicht wirklich. Solche Fragen sollte man sogar öffentlich stellen müssen, denn nur so ist eine transparente Arbeit möglich, die direktes Feedback aus den anderen Reihen der Wähler beispielsweise erlaubt. (Interna, Arbeitsweise etc., sind natürlich geheim, denke, das sieht jeder so **)

Vielleicht sind Shitstorms und öffentlich geführter Streit grundsätzlich gar nicht so falsch? Wenn so etwas auftritt, hat das betreffende Thema zumindest eine gewisse Relevanz, anhand derer man sein eigenes Tun und Handeln (neu?) bewerten kann. Vielleicht ist daher der teils öffentlich ausgetragene Streit bei den Piraten sogar der richtige Weg, bisher aber nur falsch erkannt und kommuniziert worden? Letztlich will auch Streit erlernt sein. Das mit der Entwicklung, wisst ihr?

Fazit:
Wer seine Arbeit und Arbeitsweise transparent macht, macht sich angreifbar. Das dürften die Piraten eigentlich bisher gelernt haben. Die meisten machen in meinen Augen nun nur etwas Negatives daraus, wo Transparenz - Streit gehört dazu - doch eigentlich positiv sein sollte. Denkt mal darüber nach ...

PS. (Das mit dem roten Faden in der Öffentlichkeitsarbeit!)
Hätten die Piraten einige der im Artikel [1] verlinkten Fragen schon im Herbst 2014 gestellt, wäre man weiter gewesen als die Politik und sogar die Medien! Insbesondere der Inhalt der Frage Nr. 5 wurde ja in weiten Teilen heute schon bestätigt, seit ich diese gestellt habe.

[1] http://knautschzone.blogspot.de/2014/10/wo-sind-die-fragen-geblieben.html
[2] http://www.sueddeutsche.de/politik/merkel-gnadenlos-peinlich-1.2475881

** Was die korrekte Arbeitsweise innerhalb eines Geheimdienstes betrifft oder gar seine Existenzberechtigung, stelle ich an dieser Stelle nicht in Frage. Denn auch wenn Piraten durch einen dummen Zufall eine Regierungsmehrheit erlangen würden, es gibt diverse Verpflichtungen die sie einhalten müssen. Dazu gehört sicher auch ein Fortbestand des BND - bis auf weiteres.